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Weichen für zukunftsfeste Pflegebegutachtung jetzt stellen

Immer mehr Menschen haben Anspruch auf Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung. Voraussetzung für den Leistungsbezug ist die Pflegebegutachtung beim Medizinischen Dienst, der die Pflegebedürftigkeit des Versicherten feststellt und eine Empfehlung zu den fünf Pflegegraden abgibt. Beim Medizinischen Dienst Sachsen sind die Begutachtungszahlen zwischen 2016 bis 2022 von rund 108.400 auf rund 149.500 gestiegen – Tendenz weiter steigend. „Damit für die Versicherten auch in Zukunft eine zeitnahe Pflegebegutachtung sichergestellt ist, brauchen wir neben dem Hausbesuch flexible Begutachtungsformate wie zum Beispiel das Telefoninterview“, sagt Dr. Ulf Sengebusch, Vorstandsvorsitzender des Medizinischen Dienstes Sachsen.

 

Die Pflegebegutachtung erfolgt beim Medizinischen Dienst durch qualifizierte Pflegefachkräfte. Der Medizinische Dienst Sachsen hat in den vergangenen Jahren mit erheblichen Personalverstärkungen und Optimierungen in den Abläufen proaktiv reagiert. Die Anzahl der Vollzeitstellen für Pflegefachkräfte für die Einzelfallbegutachtung ist zwischen 2016 und 2022 um 57,7 Prozent gestiegen. „Aufgrund des Fachkräftemangels stehen immer weniger Pflegefachkräfte zur Verfügung und der Trend verstärkt sich durch die demografische Entwicklung. Denn auch die Pflegekräfte gehen in Rente“, erläutert Silvia Bergmann, Leitende Pflegefachkraft des Medizinischen Dienstes Sachsen. „Ein schonender Umgang mit der kostbaren Ressource Pflegekraft ist daher dringend geboten. Dazu kann die Flexibilisierung der Begutachtungsformate ebenfalls beitragen.“

Positive Erfahrungen aus der Pandemie nutzen, Versicherte zeitnah unterstützen
Die Erfahrungen aus der Pandemie zeigen, dass das strukturierte Telefoninterview eine gleichwertige Alternative zum Hausbesuch sein kann. Die Pflegegradverteilung blieb bei der Anwendung des strukturierten Telefoninterviews stabil und die Zufriedenheit der Versicherten mit dieser Begutachtungsform war genauso hoch wie bei den Hausbesuchen. Das Telefoninterview eignet sich vor allem für Höherstufungsanträge, die in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen haben: Ihre Anzahl ist beim Medizinischen Dienst Sachsen von 2016 bis 2022 von rund 45.150 auf rund 84.580 und somit um 86 Prozent gestiegen.

Höherstufungsanträge werden von Versicherten gestellt, deren Pflegebedürftigkeit sich verschlechtert hat und die bereits vom Medizinischen Dienst in eigener Häuslichkeit begutachtet worden sind. Das können zum Beispiel Pflegebedürftige sein, die an fortgeschrittenen Krebserkrankungen oder Demenz leiden. „In solchen Situationen geht es darum, eine zügige Begutachtung ohne Belastung für die Betroffenen zu ermöglichen, damit sie schnellstmöglich ihre Leistungen erhalten können“, erklärt Silvia Bergmann.

Qualitativ hochwertige Begutachtung sichern – digitale Formate weiterentwickeln
Der Medizinische Dienst hat während der Pandemie zudem Videobegutachtungen in Pflegeeinrichtungen getestet, um deren Potenzial für die Weiterentwicklung der Begutachtungsformate zu untersuchen. Die ersten Erfahrungen zeigen, dass Videobegutachtungen sehr gut geeignet sind, um ortsungebunden und flexibel qualitativ hochwertige Pflegebegutachtungen durchführen zu können. Diese Formate gilt es, in einem zweiten Schritt für die Versicherten weiterzuentwickeln. Voraussetzung dafür ist allerdings die flächendeckende Verfügbarkeit von W-LAN, das derzeit weder in Pflegeheimen noch in der ambulanten Versorgung flächendeckend vorhanden ist.
 

Hintergrund:
Beim Expertenforum Pflege des Medizinischen Dienstes Bund, das am 16. März unter dem Titel „Pflege zukunftsfest gestalten“ in Berlin stattfand, diskutierten rund 150 Gäste aus Verbänden, Krankenkassen und dem Medizinischen Dienst, wie die Herausforderungen in der Pflege zu meistern sind: Wie können Pflegebedürftige und Pflegende gestärkt werden? Wie kann die Versorgung zukunftsfest gestaltet werden? Welche Chancen bietet die Digitalisierung zum Beispiel bei der Pflegebegutachtung?

Ein erster Entwurf der anstehenden Pflegereform 2023 des Bundesgesundheitsministeriums für ein Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) liegt seit Ende Februar vor. Darin sind auch Neuregelungen zur Pflegebegutachtung durch den Medizinischen Dienst vorgesehen. Die Begutachtung hat in der Regel weiterhin im persönlichen Hausbesuch zu erfolgen. Telefoninterviews sollen nur in Krisensituationen von nationaler oder regionaler Tragweite möglich sein. Um auch weiterhin eine schnellstmögliche, gute pflegerische Versorgung zu sichern, setzt sich der Medizinische Dienst Sachsen für flexiblere Begutachtungsformen ein.

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